Die dunkelste Seite der Nacht

Sie kommen meistens in der Nacht. Oft bringen sie ihre besten Freunde mit. Am Anfang war es ganz schlimm, weil ich sie noch nicht kannte und sie mir mehr raubten als nur den Schlaf: den Verstand. Inzwischen versuche ich sie zu ignorieren oder zu verjagen, aber sie sind leider lästiger als Mücken und hartnäckiger als Stubenfliegen.

Sie schleichen sich an. Manchmal bemerke ich sie erst, wenn sie schon da sind, aber immer öfter sehe ich sie schon auf der Lauer liegen, wenn ich ins Bett gehe. Sie warten darauf, dass ich einschlafe, um dann über mich herzufallen. Zum Glück passiert das nicht mehr jede Nacht, und gelegentlich lassen sie mich inzwischen durchschlafen.

Doch in den Nächten, in denen sie mich wecken und mich ärgern, ist es um die Nachtruhe meistens geschehen. Noch bevor ich wach werde, schreie und brülle ich und trete und schlage um mich, damit sie wieder weggehen. Selbst wenn das mit dem Verjagen klappt, liege ich danach bis zum frühen Morgen wach. Erschöpft. Müde. Ausgelaugt.

Sie machen mir keine Todesangst mehr wie zu Beginn. Da waren sie noch so verstörend, dass ich tatsächlich um mein Leben fürchtete. Zum Glück, wenn man das so nennen möchte, versetzten sie mich in eine derartige Schockstarre, dass ich unfähig war meinem Leben tatsächlich ein Ende zu bereiten. Inzwischen kenne ich sie besser, aber ich weiß, dass sie weiterhin nichts sehnlicher wünschen als meinen Tod.

Also lebe ich mit ihnen und biete ihnen die Stirn, nur um ihnen zu zeigen, wer hier das Sagen hat. Ich habe sie sogar auf eine leicht perverse Art ein bisschen liebgewonnen, denn ich kann ohnehin niemand anderen zu mir ins Bett lassen, weil sie so oft zu Besuch kommen. Und solange sie da sind, bin ich wenigstens nicht allein.

Ich habe sie in mein Leben integriert, und ich befürchte, dass sie bis zum Ende bleiben werden. Entweder sie töten mich, oder ich muss sie töten. Letzteres kann ich aber nur tun, indem ich mich selbst töte.

Nur dann werden sie sterben.

Meine Albträume und Wahnvorstellungen.

4 Gedanken zu “Die dunkelste Seite der Nacht

  1. Anstatt sich mit den geistigen Grundlagen der Welt zu beschäftigen, geht der Mensch lieber sterben oder feiern ! Das ist das Problem.

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  2. Sie sind ein Teil von Dir, aber die Hauptrolle hast Du. Lass sie zu Statisten verkommen und nimm die Dir gebührende Rolle auf der Bühne ein 🙂 (Ich weiß, das sagt sich leicht dahin, aber ich meine es ehrlich und weiß, dass es möglich ist.)

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