Popcorn!

Morten.

Mit.

Einer.

Anderen.

Ich kann es immer noch nicht fassen. Obwohl sich die Bilder für immer in mein Gehirn gebrannt haben.

Sie sah äußerst attraktiv aus. Lange goldblonde Haare, auf dem Oberkopf kunstvoll geflochten und im Nacken zu einem lustig wippenden Pferdeschwanz gebunden. Sie trug eine knallrote sportliche Winterjacke, enge blaue Jeans, elegante braune Stiefel, und über ihrer Schulter hing locker eine coole dunkelbraune Ledertasche.

Charmant. Ein sanftes, schmales, intelligentes Gesicht, das ein wenig an Scarlett Johansson erinnerte, mit dezentem und elegantem Makeup.

Fröhlich. Mit ihren schmalen, gepflegten Händen strich sie sanft über seine Schulter. Lächelte ihn an. Er beugte sich zu ihr hinüber und flüsterte ihr etwas ins Ohr, woraufhin sie laut loslachte und ihn mit funkelnden blauen Augen anhimmelte. Das kann er: Menschen glücklich machen, vollkommen bedingungslos und altruistisch.

Ich ging gezwungenermaßen direkt an beiden vorbei und konnte meine Augen nicht von ihnen lassen; er blickte in die andere Richtung, aber ihr Gesicht war mir zugewandt, und als ich mich näherte und seine … Begleiterin … mit meinem „leck mich, aber richtig!“-Blick zu vernichten versuchte, sahen sie und ich uns für einen kurzen Moment direkt in die Augen.

Mir wurde schlecht.

Ihr Blick war nicht nur sanft, freundlich und intelligent, sondern gleichzeitig empathisch, mitfühlend, ehrlich und offen. Es war, als hätte sich für den Bruchteil einer Sekunde eine Verbindung zwischen uns aufgebaut, in der sie mir mitteilte: „Ich weiß ganz genau, was du empfindest, und es tut mir unendlich leid, dass du mich hier mit ihm sehen musst …“

Und gleichzeitig wusste ich: sie war perfekt. Die perfekte Frau. Für Morten.

Und noch etwas wurde mir schlagartig bewusst: sie war ich. Früher. Bevor die Katastrophen über mich hereingebrochen waren. Fröhlich. Aufgeschlossen. Gut aussehend. Sportlich. Selbstlos. Schwerelos.

Ich war nicht eifersüchtig.

Ich hasste sie nicht.

Ich bewunderte sie.

Und während wir uns so ansahen, weiteten sich ihre Augen und ihr Mund öffnete sich ganz leicht, und es sah aus, als ob sie die Luft anhielt und sich die Zeit verlangsamte. Morten schien die Veränderung zu bemerken, er hatte immer gespürt, wenn etwas nicht in Ordnung war, und er begann sich unendlich langsam in die Richtung zu drehen, in die seine Freundin starrte. In meine Richtung. Ich setzte meinen Weg unbeirrt fort, passierte die beiden in weniger als einem Meter Abstand, zog wie beiläufig meine Kapuze über den Kopf und erreichte so, dass Morten mich gerade eben nicht erkennen konnte.

„Alles okay?“, hörte ich ihn fragen.

„Ja, alles bestens!“, antwortete sie nach einer sehr kurzen Pause.

Sie hatte eine sehr angenehme Stimme. Liebevoll.

Ich entschuldigte mich bei meinen Freundinnen und eilte zur Toilette.

Eigentlich wollte ich mich nicht mehr übergeben, um mein Leben zu kontrollieren. Mein Magen war anderer Meinung.

Erkenntnis des Tages: Popcorn lässt sich nur sehr schlecht wegspülen.

3 Gedanken zu “Popcorn!

  1. Ich liebe wie du schreibst, so schön! Wobei ich mir natürlich für dich wünschen würde, dass das fiktiv wäre und nicht die Realität. Aber wer weiß, vielleicht wendet sich das Blatt ja sehr bald 🙂

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